Dienstag, 13. September 2011
Hoher Besuch in Boston
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für die Glückwünsche und Nachrichten auf unserem Blog, per Email und per Facebook! Im August nächsten Jahres soll die große Feier stattfinden, aber damit werden wir uns erst beschäftigen, nachdem wir wieder zurück in Deutschland sind und ein eigenes Heim und einen Job für Anja gefunden haben.

Unsere letzten 14 Tage sind letzten Samstag angebrochen. Wir freuen uns auf die Rückkehr und erleben diese Tage mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Auf der einen Seite sind wir ein wenig traurig, dass unsere Reise um die Welt zu Ende geht, auf der anderen Seite freuen wir uns aber wieder unsere Familien und Freunde in der Heimat zu sehen. Besonders freuen wir uns aber auch auf unsere eigene Wohnung, mit eigener Küche, eigenem Bad und vor allem unser eigenem Bett. Es ist schon unglaublich, wie wir diese Dinge früher für selbstverständlich genommen und haben und wissen sie jetzt um so mehr zu schätzen.

Letzte Woche Montag haben wir Abschied von Chicago genommen und es war schon ein wenig komisch, diese wieder wunderschöne und für uns ab jetzt noch besondere Stadt zu verlassen. Wir haben ihr aber, wie immer, versprochen, dass wir uns ab und zu sehen lassen. Unser Reiseziel war Boston, welches wir aber erst am Freitag erreichen wollten. Wir hatten uns noch zwei Camping Stopps auf der Strecke herausgesucht.

Der erste Campingplatz namens East Harbor in Ohio lag am See Erie einem weiteren der großen Seen Nordamerikas. Nachdem es die Woche davor noch so warm in Chicago war, hatte das Wetter umgeschlagen. Ein frischer Wind weht und machte uns darauf aufmerksam, dass der Herbst vor der Tür steht. Dadurch war der Campingplatz auch wie leergefegt, als wir ihn am Abend erreichten und wir hatten freie Auswahl. Der Platz bestand aus 5 großen Schlaufen, die insgesamt an die 400 Einheiten hatten. Die Schlaufe A hatte 160 Plätze und war für Camper wie uns gedacht, die nur ein Zelt dabei hatten. Drei Plätze waren bereits belegt, so dass wir die Qual der Wahl hatten, uns für eine Stelle zu entscheiden. Stolz kehrten wir zum Campingplatzwart zurück und präsentierte unsere Wahlstelle Nummer 93. Natürlich war dies die einzige Stelle, die im System gesperrt war und wir mussten uns eine andere Stelle nehmen. Da aber keine Nachbarn in der Nähe waren, nahmen wir die 95, obwohl wir ein wenig enttäuscht waren, dass wir die 93 nicht bekommen hatten. Die Stelle war ein bisschen besser angelegt. Letztendlich war es auch egal und wir bezogen unser neues Heim. Wir hatten Glück, dass unser Zelt nicht weggefegt wurde, denn der Wind hatte ordentlich zugelegt. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, streckten wir unsere Glieder nach der Fahrt beim Basketball. Anja und ich führen eine richtige Trainingseinheit durch, so dass wir uns gut bewegen und Anja immer mehr Ballsicherheit bekommt und neue Spielzüge drauf hat.

Zum Abendessen machten wir uns wieder ein Feuer ein, dass uns ein bisschen wärmte. Gerade als wir uns ins Zelt zum Schlafen verabschieden wollte, besuchte uns ein Platzwart einer etwas anderen Art. Ein Stinktier begutachtete unser Zelt und ich hoffte, dass es nicht eine seiner gefährlichen Ladungen abschoss. Dies tat es nicht. Allerdings tat uns der arme Kerl leid, da er sich eine ulkige Halskrause einer Plasteflasche zugelegt hatte. Anja und ich schliefen friedlich ein und waren froh, dass er unser Zelt nicht beräucherte. Soviel Natur musste es dann doch nicht sein. Allerdings besuchte uns unser Freund mit der Halskrause in der Nacht doch noch einmal und entführte uns für einen Moment in die Mitte eine Zoogeheges. Es stank fürchterlich, allerdings konnten Anja und ich nicht anders und bekamen erst einmal einen Lachanfall.

Am Morgen wurden wir durch ein unruhiges Geschnatter geweckt und fanden bald heraus, wer die Ursache dafür war. Die Wiesen des Campingplatzes waren von Wildgänsen belagert, die sich für ihren Weiterflug in den Süden noch einmal stärkten. Wir frühstückten mit unseren neuen Nachbarn und genossen die Sonne, die ein paar Strahlen durch die dicke Wolkendecke geschickt hatte. Ein Schmetterling gesellte sich zu uns, dessen blauen Kleid aus dem Grün des Busches heraus schimmerte. Ein Eichhörnchen saß im Baum nebenan und knabberte an einer Nuss herum. Dieser Moment war sehr idyllisch. Allerdings zog es sich bald wieder zu und die Wolken trübten ein wenig die Stimmung.

Durch das Wetter ließen wir uns aber die Laune nicht verderben und machten einen Spaziergang zum See. Der Weg führte an Wasserflächen vorbei, welche sowohl für viele Vögel als auch Seerosen heimatliche Gefilde boten. Alte Eichen erinnerten sehr stark an Europa und es war wohl eine weitere Erinnerung daran, dass wir bald wieder in Deutschland sein werden. Wildgänse schnatterten fliegend über uns hinweg und trommelten ihre Mannschaften für den Weiterflug zusammen. Als wir den See und seinen Strand erreichten, blies ein starker Wind, der braune Wellen aufgewirbelt hatte. Gut, dass Anja zum Geburtstag ein Sweatshirt und eine Baseballkappe bekommen hat, dass sie ein bisschen vor den Böen schützte. Allerdings musste sie sich mit ihrem Schal vermummen, da es am Wasser doch ganz schön zog.

Die Gegend um East Harbor hatte schöne Dörfer zu bieten und wir besuchten einen nahegelegenen Wasserturm. Am Abend grillten wir auf unserem Platz und machten wieder ein Feuer. In der Hoffnung, dass wir die Nacht ohne Stinkbombenanschlag erleben würden, legten wir uns schlafen. Gegen 2 Uhr fing es aber an, äußerst stark zu regnen. Der Regen peitschte gegen unsere Zeltwand, welche aber dem Angriff stand hielt. Wir hofften, dass wir halbwegs trocken weiterschlafen und denn Morgen erreichen würden. Da die Wassermassen vom Himmel nicht aufhörten, fing es irgendwann an im Zelt zu tropfen. Wir ließen uns nicht abschrecken, verkrochen uns in unsere Schlafsäcke und hofften aufs Beste. Gegen 7 Uhr war es im Zelt und auf unserer Matratze so feucht, dass wir unser Zelt im Regen zusammen packten und den Campingplatz verließen. Wir wussten, dass es wahrscheinlich unser letzter Campingabend war und waren ein bisschen traurig, dass er so ins Wasser fiel. Allerdings konnten wir die Situation nicht ändern und fuhren weiter.

Unser Ziel für den Tag waren die Niagara Fälle oder besser gesagt, der Ort drumherum. Wir fanden ein günstiges Motel und brauchten die Nacht nicht im Regen zu verbringen. Obwohl es aufgehört hatte zu regnen, sah der Himmel und die Vorschau wieder Niederschlag vor. Am Abend füllte sich das Motel und neben uns, zog ein indischer Mann ein. Wir hörten ihn in der Nacht schnarchen, da sein Bett an der gleichen Wand wie unseres stand. Das störte uns aber nicht zu sehr. Nervig war am nächsten Morgen nur, dass er um 5:30 Uhr begann, für eine Weile seinen Rachen zu reinigen. Diese ekligen Geräusche versetzten uns an den Anfang unserer Reise. Wir wurden an die unschöne Nacht in Agra beim Taj Mahal erinnert, wo es mir nicht so gut ging, sich zwei indische Familien bis 1 Uhr nachts stritten, bis um drei laute Musik gespielt wurde, und der Vater einer Familie um 5 Uhr eben diese Geräusche im Zimmer neben an, von sich gab. Allerdings war dieser Moment ein guter Klimax unserer Reise, denn er führte uns für ein paar Minuten zurück nach Indien.

Der Tag war wieder grau und lud nicht gerade zum Sightseeing ein. Wir fuhren aber trotzdem zu den Niagara Fällen, die sich durch den Wasserfluß vom Erie- zum Ontariosee über eine Felskante werfen. Der sogenannte Fluß Niagara ist gleichzeitig die Grenze zu Kanada. Wir besuchten zuerst die amerikanische Seite. Die Umgebung des Parkes um die Fälle war sehr trostlos und wir merkten, dass die beste wirtschaftlich Zeit lange zurück liegen musste. Ein riesiges Einkaufszentrum war leergeräumt und billige Shops versuchten den Touristen billige T-Shirts und Souvenirs anzudrehen. Dafür konnten die Fälle aber wenig. Sie ergossen sich majestätisch und waren ein tolles brausendes Naturspektakel. Leider türmten auf beiden Seiten Hotels, Casinos und ein Vergnügungspark, so dass die Natur ein wenig in den Hintergrund rückte. Wir versuchten, die Gebäude aus den Fotos zu lassen, was allerdings etwas schwierig war. Auf der amerikanischen Seite konnte man per Fahrstuhl direkt an den Grund der Fälle laufen, was wir aber ausließen. Einige Wagemutige stellten sich aber mit einem Regenponcho angezogen, unter das brausende Wasser und posierten für Bilder.

Da die Fälle durch die sogenannte Goatinsel getrennt werden, besuchten wir sowohl die Hufeisenfälle als auch die amerikanischen Fälle. Danach gingen wir zurück zum Auto und fuhren auf die kanadische Seite. Die Grenzkontrolle war recht entspannt und schnell waren wir in einem weiteren neuen Land. Auf der kanadischen Seite hat man den besseren Blick auf die Fälle, da man frontal auf sie schauen kann. Wir machten die obligatorischen Fotos, bevor wir uns in einem Restaurant mit Ausblick Kaffee und Kuchen gönnten. Wir blieben allerdings nicht lange in Kanada, sondern fuhren zurück und verbrachten einen ruhigen Abend.

Am Freitag fuhren wir dann weiter nach Boston. Es war die letzte längste Strecke die vor uns lag. Wir fuhren über sieben Stunden durch Landschaften, die uns sehr stark an unsere heimatlichen Regionen erinnerten. Wir verstanden, dass wir weiter auf unsere Rückkehr vorbereitet wurden. Leider waren die Laub- und Mischwälder noch nicht herbstlich gefärbt. Die Regionen in New England sind ja bekanntlich für den Indian Summer berühmt, wenn sich im Oktober bzw. Herbst die Wälder in ein leuchten Rot, Gelb und Orange verfärben.

In Boston angekommen, zogen wir für die nächsten 10 Tage bei Domi und Adrian ein, die an der berühmten Harvard Universität arbeiten. Anja hatte ihre Freunde schon eine Weile nicht gesehen, und es war schön, jetzt bei ihnen zu sein. Die beiden haben eine schöne Bleibe in einem Wohnheim, in dessen Nachbarschaft schon Leute wie Bill Gates oder Mark Zuckerberg, der Facebookgründer, gelebt haben. Wir wohnten also in einem illustren Kreis. Des Weiteren war es sehr spannend, über den Campus zu gehen und die vielen Studenten zu beobachten.

Der Samstag begann mit einer Einladung zum Brunch bzw. Mittagessen. Adrians Eltern sowie seine Schwester plus Freund waren gerade zu Besuch. Für Letztere war es der Abflugtag und die Familie wollte noch einmal etwas Zeit miteinander verbringen. Wir unterstützten die Verabredung zum Essen mit zwei Salaten. Das Buffet sah nicht nur lecker aus, sondern bot auch tolle Speise wie gebackenen Fisch oder geröstetes Hühnchen. Adrians Eltern besuchten allerdings nicht nur ihren Sohn und ihre Schwiegertochter sondern auch den Bruder der Mutter. Diese ist nämlich ein weltberühmter Anthropologe, der seit den 70er Jahren an der Harvard Uni arbeitet. In einem beiläufigen Gespräch stellte sich heraus, dass er unter anderem mit Diane Fossey die Erforschung der Berggorillas in Uganda, Ruanda und im Congo aufgebaut hat und jahrelang die Schimpansenforschung im Kibale Nationalpark in Uganda mitbegründet hat. Als wir das hörten, waren wir natürlich sprachlos, da wir über die Wichtigkeit der Forschung für die Menschheit und Uganda wissen. Aber es kam noch besser, denn seine Frau und die Mutter Adrians arbeiten ehrenamtlich für ein privates Hilfsprogramm, dass in Uganda Schulen gebaut hat und Stipendien an begabte Waisenkinder vergibt. Wir waren fasziniert und sprachen mit Leuten, die Uganda besser kannten als wir, da sie seit den 70er Jahren mehrfach im Jahr in mein Vaterland reisen.

Nach dem Essen gaben Anja und ich der Familie ihren privaten Freiraum. Wir schauten uns den berühmten Harvard Campus an und schlenderten durch den Stadtteil Cambridge. Die vielen roten Backsteingebäude begrüßten uns und erinnerten an die frühesten Kolonialzeiten in der neuen Welt. Viele Denkmäler wiesen auf historische Ereignisse der Unabhängigkeitstage hin und die Kirchen und ersten Friedhöfe der Stadt versetzten uns in eine andere Zeit. Die engen Straßen und kurvigen Gassen waren so ganz anders als das, was wir bisher in den US amerikanischen Städten erlebt hatten. Europa war uns sehr nah und wir tranken einen Kaffee in einem der vielen kleinen Cafés. Der Rückweg führte uns direkt über den Hauptcampus und wir sahen die Statue des sitzenden John Harvard. Die größten Gebäude gehörten in diesem Gebiet der juristischen Fakultät an und wir konnten nur ahnen, an welchem Machtzentrum wir einfach so vorbei liefen. Am Abend stürzten Anja und ich uns ins studentische Nachtleben und fanden auch bald ein gutes Irish Pub, in dem wir gut Spaß beim Tanzen hatten.

Wir starteten entspannt in den Sonntag. Da das Wetter sich gebessert hatte, gingen wir mit Domi spazieren. Sie zeigte uns den Friedhof von Cambridge, der ein riesiges Areal einnimmt und in der Mitte des 19 Jahrhunderts gegründet wurde. Dort befanden sich die Gräber der großen Bostoner Familien, die hauptsächlich aus England übergesiedelt kamen und den Handel mit dem Heimatland sowie die englischen Kolonien bestimmten. Es war sehr beeindruckend, die ganzen alten Grabsteine zu sehen.

Abends waren wir dann bei meiner Chefin Ute und ihrem Mann Patrick eingeladen. Das Wiedersehen war eine Große Freude, denn ich hatte die beiden seit 9 Jahren nicht mehr gesehen. Zu viert saßen wir auf der Dachterasse und Anja und ich berichteten über unsere Weltreise. Wir hatten viel zu quasseln und gingen danach schön Essen. Es war toll die beiden wieder zu sehen. Patrick ist CEO eines globalen Chemieunternehmens und es war besonders für mich spannend, über seine Erlebnisse, Erfahrungen und Bekanntschaften zu sprechen. Wir hatten einen schönen Abend und schlossen ihn bei Eiscreme für alle und einem einem Glas Single Malt für die Herren ab.

Heute bzw. gestern am Montag bereiteten wir uns dann auf die Ankunft von Wuschel und Sven, Freunden aus Leipzig, vor. Wir konnten die beiden dann auch freudig am Flughafen in Empfang nehmen und freuten uns sehr über ihre Ankunft. Zu sechst verbrachten wir unseren ersten Abend und hatten ein paar lustige Stunden. Gemeinsam werden wir die nächsten Tage in Boston und Umgebung verbringen und uns sicherlich viel austauschen.

Nächste Woche werden wir dann nach New York verlagern und wohl unseren letzten Blogeintrag von unserer Reise außerhalb Deutschlands schreiben. Unser Rückflug rückt immer näher, aber da wir mit unseren Freunden in den nächsten Tagen unterwegs sein werden, ist genügend Ablenkung gegeben, so dass wir nicht zu sehr über unsere Rückkehr grübeln werden.

Wir melden uns dann sicher aus New York wieder.

Beste Grüße senden Euch

Anja und Patrice



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